In vielen künstlerischen Arbeiten sind wir als Kunstschaffende mit (Post-)Kolonialismus konfrontiert. Während regulärer Produktionsprozesse von Theater, Tanz und Performance bleibt kaum Zeit, sich mit dem Thema und dem Umgang damit intensiv auseinanderzusetzen. Daher soll in dieser Residenz eine Wissensgrundlage geschaffen werden, die für künftige Produktionen hilfreich dazu ist, mit (Post-)Kolonialismus umzugehen, ihn implizit und explizit zu verhandeln und im besten Falle zu überkommen. Als Residenzort eignet sich wegen seiner kolonialen Vergangenheit und der nach wie vor wichtigen Stellung als Hafenstadt die Hansestadt Bremen. Während der Residenz sollen dort und anderswo leitfadengestützte, qualitative Interviews durchgeführt werden, mit Künstler:innen, Wissenschaftler:innen verschiedenster Disziplinen und Personen mit Flucht- oder Migrationserfahrung. Besonderes Augenmerk möchte ich auf Strategien legen, mit denen (Post-)koloniale Perspektiven besiegt werden können. In vorangegangenen Projekten hat sich der Posthumanismus als mögliches philosophisches Konzept hierfür gezeigt. Diese Spur möchte ich während der Residenz intensiv weiter verfolgen. Die Interviews sollen dokumentiert und transkribiert werden. Gegen Ende der Residenz sind auch kleine Diskussionsrunden mit mehreren Beteiligten denkbar, um unterschiedliche Perspektiven direkt miteinander zu kontrastieren. Insgesamt sind sieben Gespräche geplant. Sobald die Interviewpartner festgelegt wurden, wird ein Leitfaden für die Interviews erstellt. Da es sich um qualitative Interviews handeln wird, sind diese in ihrer Zeitlichkeit nicht begrenzt. Die Ergebnisse aus dieser Residenz werden für künftige Projekte eine solide Basis bilden, mit der dem Themenkomplex (Post-)Kolonialismus souverän begegnet werden kann.
Veronika Wagner
Veronika Wagner studierte Theaterwissenschaft und Iranistik an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Neben dem Studium wirkte sie im Deutschen Theatermuseum München an diversen Publikationen sowie Ausstellungen mit und organisierte die philosophisch-filmwissenschaftliche Gesprächsreihe cinephil & philosoph.
Sie schreibt für die Neue Deutsche Biografie und gibt am Institut für Theaterwissenschaft der
Ludwig-Maximilians-Universität Seminare zum Thema Kulturvermittlung und Tanz- bzw. Theaterhistoriografie.Darüber hinaus arbeitet sie als freie Dramaturgin und Produktionsleiterin in der freien Szene. Für den fachbetrieb rita grechen, das SPIELART Theater Festival, die Choreografinnen Anna Konjetzky, Dragana Bulut, Gabriele Reuter und Lena Grossmann und die Regisseurinnen Caitlin van der Maas, Verena Regensburger, Mirella Oestreicher und Anina Jendreyko sowie Mouse on Mars und Michael Akstaller war und ist
sie als Dramaturgin und/oder Produktionsleiterin tätig. 2020 war sie für Joint Adventures – Walter Heun als Dramaturgin und Produktionsleiterin bei der Tanzwerkstatt Europa aktiv. Außerdem konzipiert sie zusammen mit dem bildenden Künstler Toshio Kusaba die Veranstaltungsreihe Amanationen. 2021 startete sie die Zusammenarbeit mit Sandra Chatterjee an den Projekten Smells of Racism und Smells of Coexistence, welche sich mit Geruch und Rassismus sowie der tänzerischen Darstellung des Themas beschäftigt.